Kaffee – Freund oder Feind?

Für manche gehört der Kaffee genauso zum morgendlichen Aufstehen wie das Anziehen. So auch für mich. Ich geniesse diese Tasse Kaffee am Morgen, sie gibt mir das Gefühl definitiv aufzuwachen und stark in den Tag zu starten. Mit ein bisschen Hafermilch ist für mich der Kaffee perfekt.

Doch wie funktioniert eigentlich Koffein? Und wie geht unser Körper damit um? Darum geht’s im heutigen Blog.

Der Kaffee weckt (nicht)

Als erste Funktion des Kaffees überhaupt, und mitunter der Hauptgrund, warum wir Kaffee trinken, ist das Wachwerden. Wenn wir müde sind, uns nicht mehr konzentrieren können oder einfach eine kurze Pause brauchen, dann greifen wir gerne zu einem Kaffee. Wir fühlen uns nach dem Kaffeetrinken erfrischt und energiegeladen, um den Rest des Tages in Angriff zu nehmen.

Verantwortlich für dieses Wachwerden ist das Koffein. Es steckt in den Kaffeebohnen, kommt aber auch im Schwarztee vor. Dort nennt man es allerdings Teein. Wir nehmen das Koffein also beim Trinken auf. Das Koffein wird im Magen in die Blutbahn geschleust und landet dann in den Nebennieren. Die Nebennieren haben die Aufgabe, je nach Situation die entsprechenden Hormone freizusetzen. Das Koffein ähnelt unserem körpereigenen Stresshormon, weswegen die Nebennieren bei Kontakt mit dem Koffein Adrenalin ausschütten.

Adrenalin

Das Adrenalin versetzt unseren Körper in eine Kampf- oder Flucht-Situation. Es handelt sich hierbei um ein Überbleibsel unserer Vorfahren, die mithilfe des Adrenalins vor dem Raubtier geflohen oder den feindlichen Stamm der Nachbarn bekämpft haben. Wir profitieren jedoch auch in anderen heiklen Momenten davon, wenn wir zum Beispiel nach einem Unfall ein Auto hochheben oder bei einer Pöbelei gezielt den Schlägen des Gegners ausweichen. Adrenalin gibt uns auch den Mut, uns Prüfungen zu stellen.

Es schärft unsere Sinne, spannt unsere Muskeln, steigert die Herzfrequenz und verhindert, dass wir uns wieder beruhigen. Nur so können wir die vermeintliche Gefahr überstehen. Durch diese Anspannung wird auch unsere Verdauung beeinflusst, aber dazu weiter unten mehr.

Kurz gesagt: Wenn wir Kaffee trinken, versetzen wir unseren Körper in eine Stresssituation.

Lang- und kurzfristige Folgen des Koffeins

Nun haben wir Koffein im Blut und sind fokussiert bei der Arbeit. Unser Körper ist etwas überfordert, denn er erwartet eine Bedrohung und eine entsprechende Reaktion. Diese bleibt aber aus. Unser Körper versteht, dass es sich in dem Sinne um einen Fehlalarm gehandelt hat und beginnt, den Blutzucker wieder zu senken. Die Atmung wird wieder flacher, und wir fühlen uns wieder müde. Im besten Fall haben wir es schon bis zum Mittag geschafft und können übers Essen neue Energie tanken. Wenn nicht, greifen wir eventuell nochmal zu einer Tasse Kaffee.

Dieses Auf und Ab beim Kaffeetrinken ist eine kurzfristige Nebenwirkung. Im Prinzip erlebt der Körper und somit auch wir das gleiche Phänomen wie bei Nikotin oder Koks. Es gibt einen Schub und dann wieder ein Tief. Das Trinken von Kaffee kann sich also in einer körperlichen Sucht manifestieren, derer wir uns gar nicht bewusst sind. Wir sind der Meinung, dass wir nicht kaffeesüchtig sind und auch gut ohne auskommen würden.

Je mehr Kaffee wir trinken, umso mehr Adrenalin müssen unsere Nebennieren produzieren. Unsere Nebennieren sind aber kein Hochleistungsorgan, und langfristig können sie das Adrenalin nicht mehr in den Mengen produzieren, in denen wir es benötigen oder einfordern. Das zeigt sich bei Menschen, die täglich bis zu 12 Kaffees trinken, weil sie sich ständig müde fühlen und «der Kaffee auch nicht mehr hilft». Bei Entzug setzen hier dann Kopfschmerzen ein oder es manifestieren sich Depressionen, welches beide Symptome der Kaffeesucht sind.

Die Verdauung

Noch schnell einen Espresso nach dem Mittagessen und ab zurück zur Arbeit! Auch das ist wie der Kaffee am Morgen ähnlich einer Gewohnheit und hilft, der Verdauungsmüdigkeit entgegenzuwirken. Zumindest für eine kurze Zeit.

Doch leider macht der Kaffee noch etwas anderes. Er verhindert nämlich die Aufnahme von bestimmten Nährstoffen. Verantwortlich dafür ist nicht das Koffein, sondern die Gerbstoffe. Das sind chemische Verbindungen, welche die Proteinstruktur verändern. Beim Kaffee wird den Bohnen das Wasser entzogen, was sie länger haltbar macht. Dasselbe Prinzip wird angewendet beim Gerben, was die Konsistenz des Stoffes verändert und das dadurch entstandene Leder haltbar macht.

Ganz oben in der Liste der betroffenen Nährstoffe ist das Eisen. Das ist insbesondere für Frauen eine Herausforderung, denn sie haben durch die Menstruation einen höheren Eisenbedarf als Männer. Eisenmangel ist aber auch dafür verantwortlich, dass wir uns müde und ausgelaugt fühlen. Durch die Müdigkeit konsumieren wir mehr Kaffee, durch den Kaffeekonsum werden wir müder und so weiter und so fort.

Zwei weitere Nährstoffe sind Zink und Kalzium. Wir benötigen beide Stoffe dringend für unser Immunsystem und unsere Knochen, um nur zwei Beispiele zu nennen. Wenn wir also direkt nach dem Essen einen Kaffee trinken, verhindern wir damit, dass unser Organismus die Nährstoffe aus der Nahrung aufnehmen kann.

Säure & Base

Kaffee gehört zu den stark säurebildenden Nahrungsmitteln und hat somit einen grossen Einfluss auf unseren Säure-Basen-Haushalt. Grundsätzlich ist unser Körper basisch, und er hat ein komplexes System entwickelt, sich selber im Gleichgewicht zu halten.

Bei der täglichen Verdauung werden Säuren und Basen automatisch produziert, abgebaut und schlussendlich ausgeschieden. Wir scheiden morgens mit dem Urin bereits einen Teil dieser abgebauten Stoffe aus, jedoch steckt der Grossteil immer noch in unserem System. Denn nachts schlafen unsere Verdauungsorgane genau wie wir, und der Abbau und Transport der Stoffe wird unterbrochen. In den Morgenstunden sind unsere Verdauungsorgane am aktivsten, sie nutzen diese Zeit um die abgebauten Stoffe zu transportieren und den Säure-Basen-Haushalt wiederherzustellen.

Der Kaffee am Morgen macht dieser Balance einen Strich durch die Rechnung. Anstatt dass sich unser Körper auf das Ausscheiden der Säuren konzentrieren kann, muss er zuerst neu eintreffende Säuren neutralisieren. Die bereits aktiven Verdauungsorgane werden vom Adrenalin zu Höchstleistungen angetrieben, weswegen der Stuhlgang am Morgen nach einem Kaffee problemlos funktioniert. Doch das kann auch zu Wechselwirkungen führen.

Durchfall wegen Kaffee

Unser Darm reagiert bei Stress mit Kontraktionen, also mit Darmbewegungen. Das hat auch seinen Grund, denn mit leerem Darm und leerer Blase rennt und kämpft es sich besser. Doch welche Auswirkungen hat es für uns, wenn wir den Darm zu einer Entleerung forcieren?

Die Aufgaben unseres Darms sind unter anderem die Aufnahme von Nährstoffen und das Zurückführen von Flüssigkeit in den Körper. Wenn wir nun durch Kaffee den Stuhlgang fördern, hat der Darm zu wenig Zeit, diese beiden Aufgaben abschliessend auszuführen. Es kann zu Nährstoff- und zu Wassermangel kommen. Das zeigt sich in trockener, faltiger Haut, Müdigkeit, Kopfschmerzen oder Durchfall.

Verstopfung durch Kaffee

Die andere Auswirkung ist die Darmtätigkeit selber. Wir signalisieren unserem Körper mit dem Koffein, dass es jetzt Zeit ist, sich zu entleeren. Und da unser Darm voller Nervenbahnen steckt, die ein unglaublich fantastisches Gedächtnis haben, wird er sich sagen: ich muss mich nicht selber regulieren, ich erhalte den Impuls von aussen.

Das hat zur Folge, dass wir nicht auf die Toilette gehen können, wenn wir keinen Kaffee mehr trinken. Wir leiden an Verstopfung. Kaffee gilt bei Verstopfung als Hausmittel, weil es offensichtlich wirkt. Gesund ist es leider nicht, und es fördert den Kreislauf mit dem Koffein und der Verstopfung.

Antioxidantien

Jetzt denkt ihr sicher: wow, Kaffee ist echt schlecht! Nun, mit dem bisher Geschriebenen habe ich euch erst eine Seite gezeigt. Der Artikel heisst nicht umsonst «Freund oder Feind?» 🙂

Kaffee hat nämlich auch sein Gutes, nämlich sogenannte Antioxidantien.

Antioxidantien sind unsere Freunde. Sie bekämpfen sogenannte Freie Radikale, welche in unserem Organismus ihr Unwesen treiben. Sie sind Diebe der besonderen Art, denn sie stehlen im Körper nur einzelne Elektronen, weil ihnen selber eines fehlt. Das macht die Bestohlenen ebenfalls zu Freien Radikalen, denn ihnen fehlt ja nun auch ein Elektron.

Die Antioxidantien sind die selbstlosen Helden, denn sie verschenken dieses eine Elektron, ohne selber wieder eines einzufordern.

Antioxidantien schützen uns vor Krebs, Alzheimer, Diabetes Typ 2 und anderen Erkrankungen. Selbstverständlich sind unsere Nahrungsmittel vollgepackt mit Antioxidantien, weswegen wir bei einer ausgewogenen Ernährung keinen Mangel an Antioxidantien befürchten müssen.

Tipps für einen gesunden Umgang mit Kaffee

Mit den folgenden Tipps kannst Du Deinen Kaffee ohne schlechtes Gewissen geniessen und vielleicht eher ein Kaffee-Ritual einführen als eine Kaffee-Gewohnheit beizubehalten 🙂

  1.     Bio-Kaffee. Wie bei den meisten Nahrungsmitteln werden auch beim Kaffeeanbau jede Menge Chemikalien eingesetzt, welche hochgiftig sind und durch den Konsum dann in unserem Organismus landen.Doch auch die Plantagenarbeiter und die Natur sind den Giften ausgesetzt, weswegen wir mit dem Kauf von Bio-Kaffee sowohl ökologische wie auch gesundheitliche Risiken verhindern und damit ethische Weichen stellen.
  2.     Schwarzer Kaffee. Durch das Zufügen von Kuhmilch erhöht sich der Blutzuckerspiegel nicht nur wegen des Koffeins, sondern auch wegen des Milchzuckers. Das Auf und Ab wird verstärkt.Plus hemmt die Kuhmilch die Antioxidantien des Kaffees, was wirklich schade ist.
  3.     Geniesse Kaffee, der lange geröstet wurde. Kaffee kann im Hau-Ruck-Verfahren bei 400 Grad Celsius für etwa 90 Sekunden (!) geröstet werden – oder im Schonverfahren ca. 25 Minuten lang bei 230 Grad Celsius.Die langsame Methode schont den Geschmack, verhindert eine Übersäuerung des Kaffees und hemmt die Entstehung von bedenklichen Stoffen.
  4.     Die Uhrzeit. Wenn wir wie oben beschrieben am Vormittag auf den Kaffee verzichten können, dann tun wir unserem Körper viel Gutes. Am besten trinkt man Kaffee am Nachmittag, etwa 2 Stunden nach dem Mittagessen. So hatte der Körper genug Zeit, die Säuren komplett abzubauen und die Nährstoffe aus dem Essen aufzunehmen.Wer morgens (wie ich) nicht auf den Kaffee verzichten möchte, dem rate ich sich auf 1 Tasse Kaffee zu beschränken und dazu mindestens die gleiche Menge Wasser zu trinken. Das unterstützt den Körper in seinen morgendlichen Funktionen und hilft uns, gut in den Tag zu starten 🙂
  5.     Kalt gebrühter Kaffee. Dabei handelt es sich um eine Art selbstgemachtes Kaffeekonzentrat, das mit heissem Wasser aufgegossen wird.Für die Herstellung des Konzentrates lässt man 100gr gemahlenen Kaffee über Nacht in 500ml kaltem Wasser ziehen und filtert es am nächsten Tag gründlich. Das Konzentrat kann bis zu 2 Wochen in einer gut verschlossenen Vorratsdose im Kühlschrank aufbewahrt werden.

    Morgens übergiesst man 50 ml des Konzentrats mit 100 – 150ml heissen Wasser und voilà, der Kaffee ist fertig 🙂

Anmerkung zum Schluss

Die Kaffeepause bei der Arbeit befreit uns nicht nur des Kaffees wegen von der Müdigkeit. Eigentlich profitieren wir in erster Linie vom Aufstehen, dem Umherlaufen und dem Gespräch mit den Kolleginnen und Kollegen.

Die Bewegung bringt unseren Kreislauf in Schwung, und die Konversation regt andere Regionen unseres Hirns an. Das weckt uns körperlich, aber auch mental 🙂

Nun bin ich neugierig auf Deine Erfahrungen: Hast Du schon mal auf Kaffee verzichtet? Wie war das für Dich? Oder trinkst Du gar keinen Kaffee und hast ein anderes Morgenritual? Lass es mich wissen unter mail@nahrungsbewusst.ch

In dem Sinne: Prost & bis bald!

Sandrine von nahrungsbewusst